top of page

Wenn Liebe bestraft wird

Richard aus Uganda führt jahrelang eine geheime Beziehung mit einem Mann. Vor einem Jahr fällt er damit auf, er wird gewaltvoll angegriffen. Seine einzige Überlebenschance ist die Flucht.


TEXT & AUDIO: RONNY TAFERNER


Narben am ganzen Körper und ein gebrochener Zahn weisen auf Richards Vergangenheit hin. Er wächst in Uganda auf und merkt schon früh, dass er schwul ist. In der Schulzeit verliebt er sich in einen Jungen und geht eine geheime Beziehung mit ihm ein. 20 Jahre später sind sie immer noch ein Paar und betreiben ein Restaurant gemeinsam. Vor einem Jahr, als Richard 36 Jahre alt ist, bemerkt ein Mitarbeiter die Liebesbeziehung und das schlägt Wellen. Das ganze Dorf spricht darüber, er kann sich nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen lassen. Seine Familie verstoßt ihn und er wird von einer Männergruppe gewaltvoll verprügelt. Beinahe wäre er gestorben, er muss flüchten. Seinen Freund sieht er nie wieder, jeglicher Kontakt zu ihm ist abgebrochen: "Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt."


Homosexuelle Handlungen sind in Uganda strafbar. Der Präsident setzt sich vehement für eine Todesstrafe ein. Ein bekannter Schwulenaktivist wurde ermordet und die meisten ugandischen Medien hetzen gegen Homosexuelle. Befürwortern der LGBT-Rechte drohen ebenfalls Strafen. Nicht nur in Uganda wird gleichgeschlechtliche Liebe bestraft. Immer noch ist Homosexualität in 69 Staaten weltweit verboten. In vielen Ländern sind außerdem die Rechte von LGBT-Menschen, also Personen, die eine andere sexuelle Orientierung abseits der Heterosexualität haben, stark eingeschränkt. In Brunei, Iran, Jemen, Mauretanien, Nigeria und Saudi-Arabien werden homosexuelle Handlungen mit dem Tod bestraft. In fünf weiteren Ländern (Afghanistan, Pakistan, Katar, Somalia und die Vereinigten Arabischen Emirate) könnte die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen gegen Homosexuelle ausgesprochen werden.

Auch in Syrien, Zayns Heimatland, ist Homosexualität nicht erlaubt. Er verbietet sich in seiner Jugend, schwul zu sein, und empfindet seinen sexuellen Trieb als unnormal. Der heute 22-Jährige kommt als Flüchtling vor drei Jahren nach Österreich. Zayn wächst in Damaskus auf und erlebt Krieg, Gewalt und ein homophobes Umfeld. Es gibt keine Möglichkeit, andere Schwule über das Internet kennenzulernen. Alle Plattformen sind gesperrt und verboten. Auf Facebook existieren lediglich unter unauffälligen Decknamen Gruppen, wo sich LGBT-Menschen austauschen können. Die Ankunft in Österreich ist eine Erleichterung für ihn, auch wenn er immer noch in einem Kampf mit seiner sexuellen Orientierung steht. In der Schule wird er gemobbt, als seine Klassenkolleg*innen merken, dass er schwul ist. In seiner Klasse sind fast ausschließlich Schüler*innen mit Migrationshintergrund, hauptsächlich aus Ländern, in denen Homosexualität Tabu ist. Ein Jahr später steht er schließlich zu sich: "Ich kann nun stolz auf die Straße gehen und sagen, 'Ich bin schwul."


Ann-Sophie Otte von der HOSI Wien (Homosexuelle Initiative Wien) weiß, wie lang es dauern kann, bis man kein Problem mehr mit der eigenen sexuellen Orientierung hat und nicht mehr in Angst leben muss: "Ein queeres Selbstbewusstsein zu geben ist eine sehr schwierige Aufgabe. Das dauert natürlich auch dementsprechend lange und das ist auch ein Prozess, den die gesamte Gesellschaft irgendwie unterstützen muss. Aber natürlich ist das verstärkt, wenn man weiß, in seinem Geburtsland steht die Todesstrafe auf Homosexualität. Es ist ganz schwierig eine gesunde und positive Einstellung zu seiner Sexualität zu finden."


Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele Menschen vor Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung aus ihrem Heimatland fliehen müssen, weil die sexuelle Orientierung nicht als eigener Fluchtgrund angegeben wird. Die Dunkelziffer sei sehr hoch, so Otte, denn viele würden sich schämen und deshalb nicht den wahren Grund angeben. Der Verein Queerbase fokussiert sich speziell auf LGBT-Flüchtlinge und bietet neben Rechtsberatung auch Vermittlung zu psychischen Betreuungseinrichtungen an.

 

Wenn du Unterstützung für dein Coming-Out brauchst oder Fragen hast, ist die HOSI Wien ein guter Ansprechpartner. Jeden Donnerstagabend veranstaltet die HOSI einen Jugendabend statt, wo du dich mit jungen queeren Menschen vernetzen kann.


Der Verein Queerbase unterstützt queere Geflüchtete.


Weitere LGBT-Organisationen österreichweit, an die du dich wenden kannst, findest du hier aufgelistet.

bottom of page