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Der Weg in die Spielsucht

Wer spielsüchtig wird, gerät in große Schwierigkeiten. Neben der finanziellen Probleme haben Suchtkranke auch mit gesellschaftlichen Stigmata zu kämpfen. Betroffene können ihr Verhalten aber nur bedingt selbst steuern.


TEXT, AUDIO: Paul Maier; VIDEO: Sandra Schober


Das Spiel mit dem Glück kann gefährlich sein. Von jenen Personen, die in Österreich mit Glücksspielen in Kontakt kommen, wird zwar nur ein Bruchteil süchtig. Sie geraten allerdings in eine Suchtspirale, aus der sie nur schwer und meistens nur mithilfe einer Psychotherapie wieder herauskommen können. Was im Kopf von Spielsuchtkranken vorgeht und warum diese ihr Verhalten nicht ganz eigenständig steuern können, erfährst du in diesem Video:




(Un)problematisches Spielen


Allgemein wird zwischen drei Arten von Spielen unterschieden. Zum Einen gibt es das soziale, unproblematische Spielen. Das ist Spielen in einem sozialen Kontext, also beispielsweise der klassische Spieleabend unter Freunden. Hier gibt es kein finanzielles Risiko und es stehen Spaß, Freude und Entspannung im Vordergrund.


Zum Anderen gibt es das problematische Spielen, bei dem Geld eingesetzt wird. Die Einsätze steigen hier immer weiter, wodurch auch das finanzielle Risiko immer größer wird. Spieler*innen haben deshalb häufig den Drang, Geldverluste wieder auszugleichen. Durch dieses Verhalten vernachlässigen sie Freizeit, Beruf und Partnerschaften.


Problematisches Spielen kann schnell zu pathologischem Spielen also einer Sucht werden. Ab dieser Stufe können Betroffene ihr Spielverhalten nicht mehr kontrollieren. Das Glücksspiel wird zum zentralen Lebensinhalt und der Druck, an Geld für Spieleinsätze zu kommen, steigt. Das führt häufig zu einer Verschuldung oder in die Kriminalität. Außerdem entwickelt sich dadurch bei Betroffenen oft eine Depression oder Suizidgedanken.


Die Verlierer des Spiels


Wie geraten Menschen in das pathologische Spielen und welche Herausforderungen haben Suchtkranke, die sich in Therapie begeben? Darüber spricht Psychiater Roland Mader vom Wiener Anton-Proksch-Institut im Interview:


Psychiater Roland Mader, Anton-Proksch-Institut (c) API


"Ganz typisch ist der Erstgewinn. Der Glücksspieler hat das Pech, am Anfang irgendwo einen großen Gewinn zu machen. Dieser Gewinn löst Fantasien von großem Reichtum aus und ist in aller Regel der Beginn einer Spieler*innenkarriere."

Mader hat im Zuge seiner Arbeit am Anton-Proksch-Institut mit den verschiedensten Spielsucht-Schicksalen zu tun. Das Thema betrifft alle sozialen Schichten, der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Menschen aus einkommensschwachen Milieus kommen laut Mader allerdings am häufigsten unter den Patient*innen vor: "Der Großteil der Menschen, die spielsüchtig werden, sind Menschen aus sozial niedrigeren Schichten, die weniger verdienen. Sie versuchen, mit Glücksspiel schnell an Geld zu kommen, um sich ein Leben aufzubauen."


Konkret beginnt ein intensives Spielverhalten oft mit einem überraschendem großen Gewinn, durch den Zuversicht auf weitere Glückstreffer entsteht. "Ganz typisch ist der Erstgewinn. Der Glücksspieler hat das Pech, am Anfang irgendwo einen großen Gewinn zu machen. Dieser Gewinn löst Fantasien von großem Reichtum aus und ist in aller Regel der Beginn einer Spielerkarriere", so der Psychiater.


Kein Sport, keine Wetten


Eine Abhängigkeit von Sportwetten erlebt Mader bei seinen Patient*innen immer häufiger. Er würde sich deshalb wünschen, dass Sportwetten auch im österreichischen Glücksspielgesetz verankert werden. Diese hätten nämlich "sehr wohl Glücksspielcharakter", sagt Roland Mader und verweist auf die Schicksale von Menschen, die ihre Existenzen durch Wetteinsätze verspielen.


Personen, die besonders häufig wetten, haben oft eine hohe Kompetenz auf ihrem Gebiet. Nicht selten handelt es sich dabei um ehemalige Profisportler*innen, die sich durch ihre Erfahrung große Gewinne bei den Wetten erhoffen. Aus diesem Grund sind sie auch bereit, hohe Risiken bei Sportwetten einzugehen. Eine Rechnung, die laut Mader in den meisten Fällen nicht aufgeht: "Unsere Patient*innen haben ungefähr 90 Prozent Verluste."


Der Beginn der Corona-Krise im März des Vorjahres 2020 brachte den ersten Lockdown. Was für die meisten Menschen ein Problem war, hat Wettsüchtigen für einen kurzen Moment sogar geholfen: "Wir haben bei unseren Sportwetter*innen erlebt, dass sie im ersten Lockdown sehr glücklich waren. Es gab nämlich kein Sportangebot und sie konnten gar nicht wetten."

 

 

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